Die Folgen von Mobbing

Stellt euch vor, dass sich eure siebzehnjährige Tochter das Leben nimmt und sie keinen Abschiedsbrief hinterlässt. Somit lebt ihr in völliger Ungewissheit, weshalb es geschah. Genau in dieser Situation leben die Eltern von Hannah Baker, gespielt von Katherine Langford, in der Serie Tote Mädchen lügen nicht (engl. 13 Reasons Why). Hannah schlitzte sich die Pulsadern auf, weil sie gemobbt wurde. Doch sie hinterließ etwas. Sie hinterließ dreizehn Tapes. Auf jeder Kassette befindet sich ein Grund für ihren Selbstmord.

Jede Folge der Netflix-Original-Serie behandelt jeweils eine Kassette, denn der Hauptdarsteller Clay (Dylan Minnette) kann nur ein Tape sich täglich anhören, weil er beim Hören von Hannahs Geschichte Angstzustände erlebt. Nach und nach baut sich für ihn die Wahrheit, Hannahs Wahrheit, für ihn zu zusammen und erkennt, dass er an vielen Stellen hätte anders reagieren sollen. Vielleicht wäre Hannah dann noch am Leben. Allerdings kann man sagen, dass, wenn eine Geschichte der Suizidursachen fehlen würde, wäre sie wahrscheinlich auch noch am Leben. Wie in der Serie erzählt, bauen diese Erlebnisse aufeinander auf.


Ich möchte hier zwischendurch ein Resümee ziehen. Am Ende kann man ihren Selbstmord nachvollziehen (Suizid ist keine Lösung!), dennoch bleibt man mit vielen Fragen zurück. Die Serie hat zwar eine abgeschlossene Handlung, aber sie hat auch einen offenen Schluss und kündigt somit eine zweite Staffel der Buchverfilmung an. Die Figuren und die gesamte Geschichte sind in jedem Punkt äußerst glaubwürdig und ich verschwendete keinen Gedanken, dass etwas unlogisch sei. Der Serie wurde nach der Veröffentlichung oftmals vorgeworfen, dass sie Suizid verharmlose und glorifiziere. Dem kann ich auf keinen Fall zustimmen. Im Spoilerteil werde ich detaillierter beschreiben.

Leider kam ich erst sehr spät am Tag auf die Idee die Serie anzufangen, denn ich hätte sie gerne am Stück gesehen. Die Staffel hat 13 Folgen, die jeweils circa eine Stunde dauern. Sie ist sehr spannend und die Charaktere sind vielschichtig und interessant aufgebaut, was die Serie nochmal sehenswerter macht. Von jedem - noch so schlechten - Charakter erfährt der Zuschauer einen Bewegungsgrund für seine Taten und es werden auch die guten und verletzlichen Seiten der Personen aufgezeigt. Man sollte diese Serie gesehen haben und vor allem sollte sie an Schulen gezeigt werden, denn das beschriebene Schulleben der Teenager in Tote Mädchen lügen nicht ist sicherlich Alltag an vielen Schulen auf der Welt.

Am meisten hat mir gefallen, dass sie den Charme, die Intensität und die Einzigartigkeit meines Lieblingsvideospiels Life is Strange aufgreift. In dem Spiel geht es zwar um ein ganz anderes Thema, aber Grundtenor fühlt sich für mich gleich an.

In den nachfolgenden Absätzen werde ich über das Ende reden. Also alle Leser, die Tote Mädchen lügen nicht noch nicht gesehen haben und noch sehen wollen, sollten ab hier abschalten.

SPOILERTEIL:

In Folge 11 von 13 hört sich Clay sein Tape an und erfährt den Grund, warum er ein Grund für Hannahs Tod war. Vielmehr bestand es aus einer Liebeserklärung von ihr an ihn, aber sie zeigt auch, dass Clay nicht schuldlos bleibt. Es gab eine Situation, in der die beiden endlich sich ihre Liebe zeigten und auf einer Party in einem Zimmer verschwanden. Als sie angefangen haben Sex zu wollen, fragt er sie noch, ob es für sie in Ordnung wäre und sie stimmte zu. Trotzdem brach sie den Akt nach wenigen Sekunden ab, denn sie bekam Flashbacks aus der Vergangenheit und fühlte sich plötzlich unwohl und sie stoß ihn dabei von sich. Für Clay ist in diesem Moment eine Welt zusammengebrochen. Sie brach in Tränen aus und schickte ihn weg. Wäre er geblieben, wäre Hannah noch am Leben. Aber das ist nur ein Beispiel für das bereits oben beschriebene Problem, dass, mit einer anderen Entscheidung, alles hätte verhindert werden können.

Nun komme ich zur angesprochenen Verharmlosungskritik und warum sie in meinen Augen falsch ist. Sie zeigt die schlimmen Folgen einer solchen Tat. Die Welt der Eltern fällt in sich zusammen. Sie wollen Gerechtigkeit für das, was ihrer Tochter angetan wurde. Clay strudelt immer mehr in den Wahnsinn ab und verändert sich komplett im Verlauf der Handlung. Jedoch ist das größte Argument die Szene, in der gezeigt wird, wie Hannah sich umbringt. Die Wanne füllt sie voller Wasser, steigt mit alter Kleidung hinein und schneidet sich die Pulsadern auf. Dieser Akt war mit das Schlimmste und Widerwärtigste, was ich im Bereich Film und Serie sehen musste beziehungsweise durfte. Das kann man nicht als Glorifizierung bezeichnen. Allein mit dieser Szene sollen Suizidgedanken bei Jugendlichen verhindert werden und die Betroffenen sollen den Mut bekommen, um sich Hilfe zu holen. Extra dafür schufen die Serienmacher die Webseite 13reasonswhy.info, auf der Organisationen für Selbstmordhilfe in vielen Ländern gesammelt wurden.

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